Sulzburg

St. Cyriak

Etwas versteckt findet sich im Markgräflerland ein einmaliges kulturhistorisches Denkmal: die ehemalige Klosterkirche St. Cyriak. Sie zählt zu den bedeutendsten ottonischen Sakralbauten Deutschlands.

Im Jahr 993 übertrug der Frankenkönig Otto III. Liegenschaften und Güter im Sulzbachtal als Lehen an den Breisgaugrafen Birchtilo. Der ließ dort eine Basilika zu Ehren des Märtyrers St. Cyriak erbauen, die auch seine Grablege sein sollte, und stiftete ein Kloster, das zunächst ein Kanonikerstift war. Wenige Jahre nach Birchtilos Tod (1005 †) übergab sein Sohn Becelin Kirche samt Kloster dem Bischof Adalbero in Basel.
Birchtilos Kirche war dreischiffig, mit einem Ost- und einem Westchor. Der Ostchor schob sich aus den flankierenden Seitenschiffen vor; die eingezogene Apsis enthielt – wohl um eine Stufe erhöht – den Altar. Der Westchor wird von Anfang an als Grablege des Stifters gedacht gewesen sein. Der Laiengemeinde Sulzburgs wurde der westliche Teil der Kirche zugewiesen und mit einer Schranke, die quer durch das Mittelschiff lief, abgetrennt.
Nach der Vergabe des Klosters an das Bistum Basel finden wir die Benediktinerinnen in der Kirche. Ihnen wurden Emporen rechts und links vom östlichen Triumphbogen eingebaut. Nun bedurfte es eines höher gelegenen Altarraums, so dass der jetzigen Hochchor samt Krypta gebaut wurde. Die mächtigen Treppen dienten nur bei besonderen Anlässen zur Prozession. Der Aufgang des Priesters befand sich in der Nordwand und die Seitenschiffe wurden zum Schutze der Emporenzugänge Richtung Osten verlängert.
Um die Mitte des 12. Jahrhunderts finden wir die Üsenberger als Schutzvögte für den Bergbau und das Kloster in Sulzburg. Sie dürften der Familie des Stifters verwandt gewesen sein. In der Kirche hatten die Herren ihre Loge im Turm, der zu Beginn des 11. Jahrhunderts erbaut wurde, und somit der älteste erhaltene in Südwestdeutschland ist.


Zu der Zeit hatte die Laiengemeinde einen eigenen Altar westlich der Hauptschranke im Mittelschiff. Vor dem ersten Pfeiler im Nordwesten der Kirche befand sich die Taufanlage, deren Wasser in den Untergrund floss.
Der Laienaltar, der zunächst unmittelbar auf dem Boden stand, wurde höher gesetzt, so dass er von der Herrenloge aus sichtbar wurde.
Im 13. Jahrhundert erhoben die Üsenberger Sulzburg zur Stadt und erbauten eine Wehrmauer. Die Laiengemeinde wuchs an, so dass der Raum in der Kirche zu eng wurde. So entfernte man die beiden westlichen Arkadenpfeiler und überspannte die anliegenden Arkaden mit jeweils einem großen Quaderbogen. So konnte der Raum der Seitenschiffe in die Laienkirche einbezogen werden.
Das Nordschiff, das den Friedhof flankierte, blieb immer den Laien zugänglich, denn die Arkaden im Norden waren längst vermauert.
Im Jahre 1309 wurde die Michaelskapelle eingeweiht. Diese Kapelle befand sich über einer Vorhalle westlich am Turm und wurde durch die Herrenloge betreten. An ihrem Westgiebel befand sich hoch oben der segnende Christus mit Burkhard III. von Üsenberg und seiner Gemahlin, die rechts und links von ihm knien.
Um 1500 werden auf der Südseite vier große, gotische Fenster eingebrochen, die hohen Emporen verschwinden, die Nonnen erhalten über dem erhöhten Altarraum eine quer durch das Schiff gehende Empore, eine zusätzliche Stiege und Vermauerung entsteht, die – vermutlich – mit dem Motiv der klugen und törichten Jungfrauen bemalt wurden. Ein Bruchstück der Malerei ist noch erhalten.

Was St. Cyriak prägt, ist die ungeheure Schlichtheit. Kein Steinmetz war bei ihrer Erbauung zugegen; nur Maurerhände haben den Bau errichtet. Kein Sockel und kein Profil ist in der Kirche vorhanden. Alle Steinmetzarbeit kam später. Dieser Kargheit wird aber ornamentale Malerei entgegengestanden haben. Dies zeigen Reste eines Mäanders, der rings unter der Holzdecke die Wände krönt, der aber wohl niemals vollständig war.
Weitere Malereien entstammen vorwiegend gotischer Zeit. Die Krypta war in mehreren Schichten als Andachtskrypta reich bemalt. Nach 1500 finden wir an der Nordwand die Reste eines Reigens, wohl der Vierzehn Nothelfer. Auf der Südwand sind noch Fragmente einer Vorzeichnung erhalten: Sie zeigen die Evangelisten mit ihren Symbolen. Die Holzdecke – das belegt die Inschrift, die den Prior Georg Locher benennt – 1510 eingebracht.

1523 ließ Markgraf Ernst von Baden das Kloster schließen.  Den Nonnen wurde freigestellt, zu heiraten, doch zogen sie zumeist auf ihre Höfe bei Rimsingen. Kurzzeitig durften sie wieder zurückkehren, bis 1555 Markgraf Karl II die Reformation einführte. Nun wurde die Kirche in vollem Umfang zur Gemeindekirche. Das Nordschiff wurde abgebrochen, die Klostergebäude gerieten in Verfall, bis 1769 die letzte Reste verbrannten – außer der Kirche, die erst dann wieder in einen brauchbaren Zustand versetzt wurde.
Nach 1827 verschwand die Vorhalle mit der Michaelskapelle darüber. Der segnende Christus mit den Stifterfiguren verlegte man im den nun vermauerten Eingang zur Michaelskapelle über dem Hauptportal am Turm.
Allerdings bezog die Kirchengemeinde schon bald die neu erbaute Stadtkirche. So verlassen, verfiel St. Cyriak allmählich, diente zeitweise als Lagerhaus. Allein günstige Umstände bewirkten, dass die Klosterkirche nicht abgebrochen wurde.
In den 1950er Jahren entdeckte Karl List dieses bedeutende Bauwerk aus ottonischer Zeit und erweckte es – in Zusammenarbeit mit den Denkmalbehörden – durch einen langjährigen und aufwändigen Renovierungsprozess aus dem Dornröschenschlaf.
Im Jahre 1963 wurde St. Cyriak wieder zur Gemeindekirche.

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